Umgang mit belastenden Emotionen: Wie du kraftvoll bleiben kannst

Wir alle kennen das: Wir lesen oder hören eine Nachricht und sofort löst dies eine Emotion in uns aus. Freude, Erleichterung, Interesse oder eben auch Wut, Ärger, Hilflosigkeit, Angst. In dieser Zeit, in der die Nachrichten voll sind mit Schreckensszenarien, sind viele Menschen verunsichert, haben Angst und machen sich Sorgen um sich und ihre Liebsten. Fake News oder nicht? – Es ist nicht immer leicht zu erkennen, ob das, was wir da lesen oder hören, der Wahrheit entspricht. Natürlich macht es Sinn, zu recherchieren, wer der Autor ist und was vielleicht andere zum selben Thema sagen. Auch ist es sicher gut, sich klar zu machen, welche Interessen hinter dem jeweiligen Beitrag stehen. Doch selbst, wenn wir das alles herausfinden könnten, bleibt die Frage, wie wir mit all diesen Informationen umgehen können. Wie kann ein guter Umgang mit belastenden Emotionen aussehen, so dass wir kraftvoll bleiben bzw. werden?

Marion Abend veranstaltet eine Blogparade zum Thema: “Gesund im Nachrichten-Wirrwarr” Wie wir kraftvoll bleiben. Das hat mich inspiriert, diesen Blogbeitrag zu schreiben.

Emotionen

Es gibt verschiedene Theorien darüber, was als Emotionen gezählt wird. Ich möchte mit diesem Beitrag keine vollständige Auflistung anbieten oder eine der vielen Theorien bevorzugen oder gar eine neue Theorie aufstellen. Was hättest du davon? Ich möchte, dass du nach dem Lesen eine Vorstellung davon hast, wie du besser mit deinen Emotionen im Alltag umgehen kannst. Daher gehe ich hier auf die Emotionen ein, die uns allen wahrscheinlich am häufigsten begegnen.

Wusstest du, dass jede Emotion einen Sinn hat und sozusagen ein Wegweiser in deinem Leben ist, der dir zeigt, ob du (noch) auf dem richtigen Weg bist oder etwas verändern solltest, damit du dein Ziel erreichst?

Wenn das so ist, macht es doch wirklich Sinn, sich diese genauer anzusehen, damit du dein gewünschtes Ziel erreichst, oder? Denn du machst ja auch keine Reise, ohne vorher auf die Karte zu sehen, dir deine Route (wenigstens im Groben) zu überlegen und Fahrpläne zu studieren.

Angst

Angst ist eine Emotion, die wir natürlich gar nicht gerne fühlen und gerne loswerden wollen. Und zwar so schnell wie möglich! Dabei ist die Angst überlebenswichtig. Ohne Angst könnten wir wahrscheinlich keinen Tag auf dieser Erde überleben! Wenn wir in Gefahr sind, hilft uns die Angst, zu kämpfen und uns zu verteidigen oder zu fliehen. Menschen, die in Lebensgefahr sind oder deren Angehörige bedroht sind (z.B. auf der Flucht oder bei einem Unfall), können oftmals ihre Leistungsgrenzen überschreiten und wissen hinterher dann vielleicht gar nicht, wie sie das gemacht haben.

Angst mobilisiert Kräfte und hilft dann, das Richtige zu tun. Doch wenn keine direkte Gefahr droht, kann die Angst uns auch daran hindern, etwas zu tun. Der Unterschied liegt darin, dass wir in einer Gefahrensituation nicht darüber nachdenken, was alles passieren kann und was jetzt das Beste wäre. Wir handeln einfach. In den alltäglichen Situationen, die unsere Angst triggern, werfen wir das Gedankenkarussell an und fahren und fahren eine Runde nach der anderen in unserer selbstgebauten Horror-Geisterbahn.

Bedürfnis: Sicherheit

Die Angst möchte dich daran erinnern, dass du in Sicherheit leben möchtest. Je unsicherer du dein Leben empfindest, desto größer ist deine Angst.

Botschaft: Vermeide bzw. bewältige die Gefahr! Sorge für Sicherheit!

Du darfst dich fragen:

  • Was brauche ich, damit ich mich in dieser Situation sicherer fühle?
  • Welche Erfahrungen habe ich mit Sicherheit gemacht?
  • Habe ich mich in meinem Leben schon mal richtig sicher gefühlt? Wann war das? Wie hat es sich angefühlt?
  • Welche Situation / Erfahrung hat mein Gefühl von Sicherheit erschüttert und konnte bisher noch nicht verarbeitet werden?
  • Was kann ich jetzt tun, um mich sicherer zu fühlen?

Wut / Ärger

Wut setzt Energie frei, die wir nutzen können, um unsere Ziele durchzusetzen bzw. zu erreichen und uns anderen zu zeigen. Situationen, in denen wir ignoriert werden, nicht ernst genommen werden oder in denen das, was uns wichtig ist, angegriffen wird, machen uns wütend. Du kannst die Wut nutzen, um dich und das, was dir wichtig ist, umzusetzen.

Bedürfnis: Abgrenzung und Ziele erreichen

Die Wut bzw. der Ärger möchten dich daran erinnern, was deine Werte und Ziele im Leben sind.

Botschaft: Achtung, du oder deine Ziele sind bedroht!

Du darfst dich fragen:

  • Was sind meine Werte?
  • Sind meine Werte noch aktuell?
  • Lebe ich nach meinen Werten oder stelle ich sie hintenan?
  • Was ist mir wichtig?
  • Was kann ich tun, um meinen Zielen näher zu kommen?
  • An welcher Stelle ist es für mich gut, meinen Werten zu folgen? Und an welcher Stelle ist es gut, sie zurückzustellen bzw. etwas Anderes vorzuziehen? (Es kann z.B. sein, dass dein Wunsch nach Freiheit mit dem nach Nähe kollidiert. Dann frage dich, was dir in diesem Moment wichtiger ist.)

 

Freude

Freude ist die Emotion, die wir am liebsten ständig fühlen wollen. Sie zeigt uns, dass wir genau da sind, wo wir sein wollen und dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wenn wir uns freuen, wollen wir diese Freude meist auch teilen. Wir lachen, sind offener und mitteilsamer. Wir suchen dann die Gemeinschaft mit anderen, ganz nach dem Motto: Geteilte Freude ist doppelte Freude!

Bedürfnis: ein Bedürfnis wurde gestillt

Freude zeigt dir, dass du auf einem guten Weg bist.

Botschaft: Hier bist du richtig. Weiter so!

Wenn du dich freust, dann kannst du Energie tanken. Du bist kontaktfreudiger und offener. Genieße es! 🙂

Wenn du magst, frage dich:

  • Was hat mich hierher gebracht?
  • Wie kann ich mehr davon machen?
  • Was kann ich für andere tun?
  • Wie kann ich meine Freude teilen?

 

Trauer

Trauer empfinden wir, wenn wir etwas oder jemanden verloren haben. Wenn wir einen geliebten Menschen durch Tod oder Trennung verlieren, trauern wir. Aber auch, wenn ein Wunsch sich nicht erfüllt hat oder wir unsere Ziele nicht erreicht haben. Es ist wichtig, zu trauern, um etwas abschließen zu können. Nur dann können wir uns wirklich auf etwas Neues einlassen. Diese Trauerphase ist bei jedem Menschen unterschiedlich lang. Wenn jemand nicht lange trauert, bedeutet das nicht, dass der Verlust ihn nicht geschmerzt hat.

Bedürfnis: Trost, Hilfe

Wenn wir traurig sind, wollen wir Trost. Manchen Menschen hilft die Nähe von Freund*innen, andere wollen lieber alleine sein. Wichtig ist, dass du weißt, was dir guttut.

Botschaft: Du hast einen Verlust erlitten!

Du darfst dich fragen:

  • Welchen Verlust habe ich erlitten?
  • Was bedeutet dieser Verlust für mich und mein Leben wirklich?
  • Was kann mir helfen, mit diesem Verlust klarzukommen?
  • Was brauche ich jetzt?
  • Birgt dieser Verlust evtl. auch etwas Gutes für mich? (So kann z.B. ein Jobverlust neue Möglichkeiten bieten.)
  • Habe ich andere Möglichkeiten, meine Wünsche zu erreichen?

Impuls: Nimm dir Zeit, um zu trauern. Du musst nicht weitermachen wie bisher und funktionieren.

 

Hilflosigkeit / Ohnmacht

Hilflosigkeit empfinden wir dann, wenn wir glauben, handlungsunfähig zu sein und nichts beeinflussen zu können. Meistens sind damit verschiedene, sehr intensive Emotionen verbunden: Wut, Angst, Verzweiflung.

Bedürfnis: Kontrolle, Stärke

Kontrollverlust und Hilflosigkeit sind eins der schlimmsten Emotionen, die wir fühlen können. Darum verbinden sie sich sehr oft mit Wut, Angst oder anderen Emotionen, die uns mit Energie versorgen, damit wir wieder handlungsfähig werden. Ist das nicht wunderbar?

Botschaft: Gefahr! Du verlierst die Kontrolle.

Du darfst dich fragen:

  • Was war direkt vor dem Gefühl der Hilflosigkeit? Was habe ich gemacht? Welches Gefühl war direkt vorher da?
  • Was kann ich tun, um wieder ins Handeln zu kommen?
  • Kenne ich das Gefühl von Kontrollverlust? Und ist die vergangene Situation jetzt noch Realität?
  • Kann ich es jetzt vielleicht sogar zulassen, dass ich nicht die Kontrolle habe?
  • Was kann mir wirklich passieren?

Impuls: Oft sind es Situationen aus der Vergangenheit (Kindheit?), die uns glauben lassen, dass wir hilflos sind. Aber: Jetzt bist du groß und kannst besser für dich sorgen.

 

Neid

Neid wird in unserer Gesellschaft als negativ empfunden. Doch auch diese Emotion hat ihre Berechtigung, wie ich finde. Denn immer dann, wenn ein Anderer etwas hat, das uns (aus unserer Sicht) zustünde oder das wir meinen zu brauchen, um unsere Ziele zu erreichen, kommt in uns Neid auf. Diese Emotion kann uns motivieren, etwas zu tun, um eben genau das auch zu erreichen. Sie sorgt also ebenso dafür, dass wir mit Energie versorgt werden, um ins Handeln zu kommen.

Bedürfnis: Gerechtigkeit, Sicherheit

Wenn eine andere Person etwas bekommt (Lob, Belohnung, Gehaltserhöhung), was eigentlich uns zusteht, werden wir neidisch. Auch dann, wenn wir glauben, dass wir genau das bräuchten, um glücklich zu sein, empfinden wir Neid. Das kann Energie freisetzen, die uns ins Handeln bringt, so dass wir in die Lage kommen, dieses auch für uns zu erreichen.

Botschaft: Du wirst ungerecht behandelt! oder Deine Ziele sind bedroht!

Du darfst dich fragen:

  • Was möchte ich erreichen?
  • Was kann ich tun, um dieses Ziel zu erreichen? Welche anderen Möglichkeiten habe ich?
  • Welche Bedürfnisse stehen vielleicht noch dahinter? Was will ich wirklich? (Werte, Ziele formulieren)
  • Wäre ich wirklich glücklich, wenn ich das hätte, was der / die Andere hat?

Impuls: Dankbarkeit hilft dir, weniger Neid zu empfinden. Überlege dir, was du alles hast. Führe z.B. ein Dankbarkeitstagebuch.

 

Schuldgefühle

Schuldgefühle entstehen, wenn wir entgegen unserer Werte handeln. Sie können aber auch entstehen, wenn wir andere Emotionen, wie z.B. Wut nicht fühlen wollen. Ihr liegt immer die Angst zugrunde, aus einer Gruppe ausgeschlossen zu werden, nicht mehr dazu zu gehören und letztlich allein zu sein. Da wir ursprünglich nur in einer Gruppe überleben konnten, ist das eine sehr nützliche Emotion, die uns hilft, mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben und dadurch die Vorteile der Gemeinschaft genießen zu können.

Bedürfnis: Teil einer sozialen Gemeinschaft sein

Es ist ein Ur-Bedürfnis, Teil einer Gruppe zu sein, weil so das Überleben am ehesten gesichert war. Wer allein war, wurde schneller Opfer von wilden Tieren und anderen Gefahren. Auch heute fühlen wir uns meist sicherer, wenn wir Menschen um uns haben, die z.B. ähnliche Ansichten und Lebensweisen haben wie wir. Das gibt uns Sicherheit.

Botschaft: Achte darauf, dass du sicher in einer Gruppe bist!

Du darfst dich fragen:

  • Droht mir wirklich eine reale Gefahr?
  • Umgebe ich mich mit Menschen, die mir gut tun?
  • Liegt es in meiner Hand, etwas zu ändern? bzw. Hätte ich es verhindern können?
  • Kann ich es wieder gutmachen?

Scham

Auch Scham ist aus evolutionärer Sicht sinnvoll, um Teil einer Gruppe bleiben zu können. Wir wollen uns gut darstellen, um für die Gruppe attraktiv und von Nutzen zu sein. Nur dann – so glauben wir – akzeptieren uns die Anderen auch weiterhin.

Bedürfnis: Anerkennung

Wir suchen immer nach Anerkennung – manche mehr, manche weniger. Anerkennung bedeutet, dass wir von der Gruppe nicht verstoßen werden. Sie lässt uns gut fühlen und vermittelt uns, dass wir in Ordnung sind. Wenn wir Scham empfinden, fühlen wir uns minderwertig und haben Angst, ausgestoßen zu werden.

Botschaft: Achtung, du blamierst dich! (Gefahr von Ausgrenzung)

Du darfst dich fragen:

  • Ist die Gefahr der Ausgrenzung wirklich real?
  • Würde es mir schaden, wenn ich einmal nicht gut dastehe?
  • Welche wunderbaren Eigenschaften habe ich?
  • Wie wichtig ist mir die Meinung dieser Person(en)?
  • Kann ich mich selbst wertschätzen?

 

Wie kann ein guter Umgang mit Emotionen aussehen?

Die Frage, die wir uns vermutlich alle stellen, ist: “Wie kann ich mit all diesen Emotionen umgehen?” Auch wenn wir alle lieber immer glücklich wären, wissen wir auch, dass das nicht immer so ist. Die Erklärung, dass all die ungeliebten Emotionen eben da sein müssen, damit wir auch Freude empfinden können, war mir immer schon nicht ganz geheuer. Denn ich sehe darin eben auch die Gefahr, dass diese Emotionen so zu einer Tugend gemacht werden können (Ich leide, weil ich dann umso glücklicher sein werde.) bzw. erduldet werden, ohne dass die eigentliche Botschaft und das Potenzial dieser Emotion erkannt werden.

“Du musst durch die Emotion durchgehen!” – Okay, aber wie macht man das? Und wer sagt mir, dass ich hinterher nicht vollkommen fertig bin, meine Angst, Wut, … nicht noch stärker sind? Darf ich das überhaupt? Oder sollte ich nicht viel besser diese Emotion unterdrücken, damit sie nicht destruktiv wird?

Meine Antwort ist: Die Emotion ist eh da. Das ist die Realität. Wenn du sie nicht durchfühlst, sondern bekämpfst, sucht sie sich einen anderen Weg, um auf sich aufmerksam zu machen. Denn sie hat ja eine – für dich wichtige – Botschaft, mit der sie dir helfen will. Auch wenn es dir gerade nicht gefällt und du dich lieber anders fühlen möchtest, macht es keinen Sinn, die Realität zu ignorieren oder ihr den Kampf anzusagen. Wenn du die Emotion bekämpfst, bleibt sie und wird möglicherweise sogar stärker, denn du gibst ihr Energie.

Es reicht natürlich nicht, sich einfach in die Emotion zu stürzen und dann davon überflutet zu werden. Wichtig ist, sich dabei sicher zu fühlen und sich gute Fragen zu stellen.

Wenn du dich fragst: “Warum passiert mir das?”, bekommst du umgehend Antworten, die dir sagen, warum dir das passiert, wie z.B. “Du bist halt ein Pechvogel.” oder “Du bist einfach zu dumm.”

Wenn du dich aber fragst: “Welche Möglichkeiten habe ich, mit dieser Situation umzugehen?”, lauten deine Antworten anders, z.B. “Du könntest jemanden um Hilfe bitten.” oder “Du könntest einen Selbstverteidigungskurs machen, um mehr Selbstbewusstsein zu bekommen.”

Je nachdem, welche Antwort du bekommst, wirst du schließlich handeln. Im ersten Fall ziehst du dich vielleicht frustriert zurück und bleibst in deiner Emotion. Im zweiten Fall siehst du dich in der Lage, etwas zu tun und die Emotion verändert sich, weil du handlungsfähig wirst oder bleibst. Und selbst die Hilflosigkeit, die du vielleicht spürst, wenn du siehst, was in der Welt passiert, kann sich verändern und leichter werden, wenn du ehrlich hinsiehst und fragst, was diese Emotion dir zu sagen hat. Denn auch, wenn im Außen Dinge passieren, die uns immer wieder herausfordern und uns auch an unsere Grenzen bringen, ist die Emotion nicht von außen in uns hineingepflanzt, sondern von jedem selbst beeinflussbar. Was den Einen bereits an seine Grenzen bringt, ist für den Anderen nur ein Augenzwinkern wert.

Im Grunde kannst du für jede Emotion dankbar sein, weil sie dir helfen und dich immer schützen will. Wenn du ihr mit Dankbarkeit begegnest, kann sie gehen, denn dann hast du ihre Botschaft verstanden und du signalisierst, dass sie ihre Aufgabe erfüllt hat.


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HEY, ICH BIN MELANIE

lächelnde Frau mit schulterlangen braunen Haaren vor einer weißen Wand

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Ich bin Diplom-Pädagogin, SANJO-Praktikerin, Sprachtherapeutin, Mutter, Ehefrau, hochsensibel, Katzenliebhaberin, Nordlicht … 

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