Stress durch Entspannung

Stress durch Entspannung – Wenn Entspannung zu gefährlich ist

Kann Entspannung gefährlich sein? Gibt es Stress durch Entspannung? Um diese Frage zu beantworten, unterscheide ich zwischen realer und real gefühlter Gefahr.

Stelle dir vor, du gehst über die Straße und plötzlich kommt ein Auto um die Ecke gefahren, das du vorher nicht gesehen hast. Was wirst du tun? Sicherlich wirst du einen Schreck bekommen und zur Seite springen, ohne viel darüber nachzudenken, was du sonst noch für Möglichkeiten hast.

In solchen gefährlichen Situationen hilft uns unser Körper mit sogenannten Stresshormonen, uns in Sicherheit zu bringen, ohne dass wir bewusst etwas tun und darüber nachdenken müssen. So sorgt er dafür, dass wir uns auf die Gefahr fokussieren können (Sichtfeld wird eingeschränkt) und nicht durch andere Bedürfnisse abgelenkt werden (Verdauung und Libido werden beispielsweise eingeschränkt). Das Schmerzempfinden wird reduziert und Stoffe im Blut zur Versorgung von möglichen Wunden werden produziert usw.

Er tut alles für unsere Sicherheit, denn dass wir in Sicherheit sind, hat oberste Priorität für uns und unser Überleben. Daher werden wir in Situationen wie der, die ich oben beschrieben habe, nicht anfangen zu meditieren. Wenn die Gefahr vorbei ist, kann es eventuell hilfreich sein, zu entspannen und Übungen, Meditationen o.ä. zu machen. Doch IN der Situation müssen wir erst einmal für Sicherheit sorgen.

Reale und real gefühlte Gefahr

Reale Gefahr

Die oben erwähnte Situation ist eine reale Gefahr. In der heutigen Zeit in unserer Gesellschaft gibt es – zum Glück – nicht (mehr) so viele reale Gefahren, wie es vielleicht früher (und teilweise in einigen Teilen der Erde noch heute) der Fall war / ist. Wilde Tiere, Kriege, Kämpfe, Hungersnöte, Krankheiten und andere Bedrohungen, die unsere Sicherheit und unser Überleben in Frage stellen, erfordern Maßnahmen, die uns in Sicherheit bringen. In solchen Situationen gehen wir in den Überlebens-Modus: Fight, Flight or Freeze. Darauf möchte ich hier nicht detailliert eingehen, weil das an anderer Stelle schon oft getan wurde.

Mir ist es wichtig, diese Strategie unseres Körpers als tatsächlichen ÜBERLEBENS-Modus zu erkennen. Denn es ist keine Schwäche, in diesem Modus zu sein, sondern eine überlebenswichtige Strategie, mit deren Hilfe wir (lebens-) gefährliche Situationen meistern und gemeistert haben. Dank dieser Fähigkeit sind wir noch am Leben! Es ist wichtig zu erkennen, dass die Situationen, in denen wir uns als Kind hilflos und ausgeliefert gefühlt haben, wirklich bedrohlich waren, denn als Kind waren wir von unseren Bezugspersonen abhängig. Wir brauchten sie für unser Überleben. Daher sind die Momente, in denen wir uns von unseren Bezugspersonen getrennt fühlten wirklich bedrohlich gewesen und wir mussten Strategien entwickeln, die uns in Sicherheit bringen, d.h. wieder in Verbindung mit unseren Bezugspersonen, konnten. Es ist mir wichtig, das herauszustellen, weil wir dazu neigen, diese Situationen von früher nicht so ernst zu nehmen und sie als nicht WIRKLICH bedrohlich abzuwerten.

Real gefühlte Gefahr

Dann gibt es die real gefühlte Gefahr. Diese werden z.B. durch Trigger ausgelöst. Du kennst das (Jede*r von uns): Jemand sagt etwas und du fühlst dich angegriffen, erniedrigt, bloßgestellt, wütend … Das sind Emotionen, die uns daran erinnern, gut auf uns aufzupassen. Höchstwahrscheinlich hast du schon einmal – vielleicht als Kind – etwas Ähnliches erlebt und dich hilflos, machtlos und von dir selbst abgeschnitten gefühlt. Das willst du um keinen Preis noch einmal durchleben und dein Körper schaltet auf den Überlebens-Modus, denn die Emotion von damals ist noch immer in deinem Körper abgespeichert. Somit ist sie genauso real, auch wenn in diesem Moment keine objektive Gefahr droht. Für den Körper ist sie real und er produziert die gleichen Stresshormone wie in einer direkt erlebten Gefahrensituation. Er kann nicht zwischen Realität und Vorstellung unterscheiden. Für ihn ist das, was du denkst, real.

Gemeinsamkeiten von realer und real gefühlter Gefahr

Egal ob die Gefahr eine reale oder eine real gefühlte Gefahr ist: Unser Körper will uns schützen und auf etwas aufmerksam machen. Dazu schaltet er in den Fight – Flight – Freeze-Modus. Dazu gehört, dass die Muskulatur sich anspannt – entweder um zu kämpfen, aus der Situation zu fliehen oder um den Körper “einzufrieren” (freeze), hart zu werden, damit du den Schmerz nicht zu sehr spüren musst. Dabei ist es für den Körper am wichtigsten, dass er dich schützt. Damit verbundene Verspannungen nimmt er dafür in Kauf. Auch wenn diese mit der Zeit chronisch werden, weil eine Emotion im Körper immer noch gespeichert ist, ist das für den Körper besser, als eine Gefahr nicht abzuwenden. Denn Verspannungen sind zwar unangenehm, aber nicht bedrohlich.

Unser Körper geht lieber auf Nummer sicher, als eine Bedrohung zu übersehen. Darum kann es passieren, dass er eine Verspannung beibehält, die dich in einer erlebten Situation geschützt hat, jetzt aber nicht mehr sinnvoll ist. Gerade wenn diese frühere Situation sehr emotional war, also mit Angst, Panik, Wut behaftet, kann es sein, dass er es sich zur Gewohnheit macht, lieber mehr Spannung in den Muskeln aufrecht zu erhalten, als zu wenig. Dann wird Entspannung möglicherweise als Bedrohung erlebt.

Auch eine körperliche Gefahr kann zu Verspannungen der Muskulatur führen. So kann es sein, dass nach einem Unfall oder Sturz die Muskeln länger anspannen als tatsächlich nötig: Die Gefahr ist vorbei, aber die Verspannungen bleiben. Auch hier bleibt der Körper auf der sicheren Seite. Hinzu kommt, dass der Muskeltonus vom Kleinhirn bestimmt wird, Schmerz aber im Großhirn wahrgenommen wird. Somit hat das Kleinhirn als Wächter der Stabilität die Aufgabe, Stabilität im Körper zu erhalten bzw. wieder herzustellen und ist vollkommen unabhängig von jedem Schmerzempfinden. Da macht auch absolut Sinn, denn so ist es zuverlässig und radikal darauf fokussiert, uns zu schützen und gerät in keinen Interessenkonflikt.

Das Wichtigste im Umgang mit Verspannungen

Wenn unser Körper den Schutz und unser Überleben als oberste Priorität hat, dann ist es sinnvoll, ihn in diesem Bestreben nicht zu bekämpfen, sondern zu unterstützen. Oft fällt es schwer, zu erkennen, dass unser Körper FÜR UNS ist, vor allem, wenn wir Schmerzen haben. Es ist jedoch NIEMALS im Sinne unseres Körpers, uns zu schaden. Das würde (evolutionär) überhaupt keinen Sinn machen. Warum sollte er sich selbst bekämpfen? Wir können also immer davon ausgehen, dass das, was wir im Körper spüren, gut und für uns ist und nicht etwas, das wir schnell loswerden müssen.

Bei Verspannungen nun zu dehnen oder irgendetwas zu tun, um sie loszuwerden, ist unter diesem Gesichtspunkt nicht das Mittel der Wahl. Denn damit kämpfen wir gegen uns und unseren uns schützenden Körper. Daher ist es zunächst einmal wichtig, uns das alles wohlwollend anzusehen und zu erkennen, dass all das für uns ist. Das allein nimmt oft schon sehr viel Druck und gibt dir die Möglichkeit, einfach einmal durchzuatmen.

Hier stehen zu bleiben wäre allerdings, als wenn wir in Kalabrien (Süditalien) Urlaub machen wollen, aber in Südtirol (Norditalien) anhalten und so tun, als wären wir schon angekommen. Es ist schön, wir haben uns auf den Weg gemacht, aber wir werden das Meer nicht sehen können.

Der nächste Schritt ist das sanfte und liebevolle Unterstützen.

Wie die Achtsame Körperarbeit dabei helfen kann

Bei der Achtsamen Körperarbeit mit den Methoden aus SANJO unterstützen wir den Körper sehr sanft bei dem, was er selbst bereits tut, um dich zu schützen. Wie bereits oben erwähnt, wäre ein Ziehen, Drücken oder Dehnen aus dieser Sichtweise heraus eher kontraproduktiv. Diese Form der Be-handlung bekämpft die Lösungsansätze des Körpers und bringt das Kleinhirn sogar manchmal dazu, die Muskeln zu noch mehr Spannung aufzufordern. Dann passiert es, dass du von einer wunderbaren Massage zunächst angenehm entspannt nach Hause kommst und in den nächsten Tagen die gleichen oder sogar noch stärkere Verspannungen entwickelst.

Was ist da passiert?

Dein Kleinhirn hat das Dehnen o.ä. als Bedrohung gedeutet, weil es entgegen seiner eigenen Lösungsversuche geschehen ist. Es hat die Stabilität und damit deine Sicherheit in Gefahr gesehen und versucht nun durch noch mehr Spannung diese “Gefahr” abzuwenden. Du kannst also leicht in einen Kampf gegen deinen eigenen Körper geraten, wenn du ihn nicht mit ins Boot holst. Und du hast in solch einem Kampf keine Chance gegen deinen Körper, dein Gehirn, dein Nervensystem. Sie wollen deine Stabilität und Sicherheit gewährleisten. Dafür tun sie alles.

Bei der Achtsamen Körperarbeit mit den Methoden aus SANJO nehmen wir das, was der Körper bereits tut, auf und helfen ihm dabei. Bei Verspannungen spannt der Muskel sich an und wird dadurch etwas kürzer. Das unterstützen wir, indem wir den Muskeln mit speziellen Griffen von außen dabei helfen, sich zu verkürzen. Indem wir ihm dabei helfen, diese Arbeit zu machen, bekommt das Kleinhirn die Rückmeldung, dass keine Gefahr besteht und alles stabil und sicher ist. Die Arbeit wird von außen übernommen, und der Körper kann Energie sparen. Da er immer danach strebt, möglichst wenig Energie zu verbrauchen, weist das Kleinhirn die Muskeln an, loszulassen, weil ja keine Gefahr mehr droht und somit die Verspannungen keinen Sinn mehr erfüllen. Es entsteht dadurch eine Entspannung von innen – direkt vom zentralen Nervensystem aus.

Wer so arbeitet, nimmt den ganzen Körper mit und erkennt an, dass er immer danach strebt, uns zu schützen -und dies so entspannt wie möglich.

Du kannst nichts loslassen …

… bis du es annimmst!


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HEY, ICH BIN MELANIE

lächelnde Frau mit schulterlangen braunen Haaren vor einer weißen Wand

Ich helfe dir, deine Muskelverspannungen zu lösen und mehr Entspannung in dein Leben zu bringen.

Ich bin Diplom-Pädagogin, SANJO-Praktikerin, Sprachtherapeutin, Mutter, Ehefrau, hochsensibel, Katzenliebhaberin, Nordlicht … 

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